Über Mastkörbe und Seemannsgarn

Wenn die Video-Fenster des Bildschirm aus allen Nähten platzen, dann wissen wir: Juchu, es ist Zeit für unsere erste digitale Kulturhanse-Konferenz! Am 21. Und 22. April begaben wir uns uns gedanklich ins ahoj-Görlitz, unserem eigentlichen Vor-Corona-Treffpunkt, imaginierten die Nebenbei-Kaffee-Gespräche, kollektive Kochabende und das Resümee beim Feierabendbier. Stattdessen gab es sechs gemeinsam gestaltete Arbeitsslots in zwei Tagen, Pausen mit Yogaübungen und jeweils intensive anderthalb Stunden geballtes Wissen, das wir miteinander teilten. Wir waren erstaunt, denn es gelang doch: Qualitativ hochwertige Diskussionen am Bildschirm und kleine Schnackereien zwischendrin. Hier findet ihr nun eine kleine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse.

Status Quo:

Gemeinsam lauschten wir gespannt den Entwicklungen der Gründungslabore in den letzten drei Monaten (lest hier mehr über ahoi ABG, bahnhof17 in Güsen & ahoj Görlitz), sprachen über Zeitpläne und welche Auswirkung Corona auf den Betrieb der Labore hat. Susann vom ahoi Altenburg unterstrich dabei die Wichtigkeit eines solidarischen Netzwerkes:„Bei uns hat Corona verschiedenste Prozesse katalysiert: Einige Ideen aus dem Gründungslabor sind viel früher gestartet, weil sie jetzt schon gebraucht werden.“ So führte ihre Netzwerkarbeit und die Unterstützung der Einzelhändler mit selbstgemachten Videos zu mehr Bestellungen, medialer Aufmerksamkeit für das Gründungslabor mitsamt den Gründer*innen und schlussendlich auch zu neuen, weiterführenden Aufträgen.

Trotzdem erfordert Gründen Mut – auch und besonders jetzt in Zeiten von Corona. Deshalb fragte sich (nicht nur) Frank vom bahhnhof17 in Güsen:

„Was soll ich antworten, wenn mich jemand mir sagt: Warum sollte ich gerade jetzt während der Coronakrise gründen? Wie kann ich als Begleiter meinen Gründer*innen gute Hilfsmittel in die Hand geben, bzw. sie auf die großen Unwägbarkeiten einer Gründung vorbereiten?“

Warum (jetzt) Gründen ODER: Wie gehe ich mit Risiken um?

Auf Franks Impuls hin gestaltete Martin von der Kulturhanse-Crew einen Beitrag zum Thema Effectuation. Dieser Ansatz hilft dabei, den Fokus auf den Einsatz bestehender Ressourcen zu lenken und somit die Verluste zu minimieren bzw. nur bis zu einer bestimmten selbstfestgelegten Grenze Ressourcen einzusetzen. Wir lernten von Martin einiges über Spatzen in der Hand, wie man die eigene Zitronenlimonade herstellt, man gut klaut und was das alles mit Gründungen zu tun hat. Der Ansatz stellt nützliches Handwerkszeug zur Verfügung, das man den Gründer*innen in der Begleitung an die Hand geben kann.

@Lorenz Kallenbach, ahoj Görlitz

Im Mastkorb

Apropros: Da das Team von ahoj Görlitz sich intensiv mit dem Thema Gründungsbegleitung beschäftigte, übernahmen sie die Gestaltung des von den anderen Laboren gewünschten Slots. Anhand von Praxisbeispielen erklärten sie ihr Vorgehen, Materialien und ließen die anderen an ihren wertvollen Erfahrungen teilhaben. Zunächst erzählten sie, dass für sie Begleitungsarbeit auch Beziehungsarbeit sei, für die sie in den Mastkorb gehen mussten. Anfangs brauche es einen guten Überblick, einen Blick in die Ferne, um zu sehen, wohin die Reise gehen soll. Außerdem helfe es, in dem gemeinsamen Korb zusammen die neue Beziehungsebene zu reflektieren. Als Lorenz und Maria mit der Begleitung der ersten Initiativen anfingen, stellten sie recht schnell fest:

„Wir wussten am Anfang noch nicht genau, wie wir den Gründungsinitiativen helfen könnten, denn die machten ja schon so viel, waren schon viele Jahre lang mit ihrem Engagement unterwegs. Daher entschieden wir uns für Aufräumen und Sortier- und Sichtbarmachungsarbeit. Wir erstellten einen Jahresplan, schauten nach Aufgabenverteilungen und persönlichen Zielen. Das machte nicht nur Spaß, sondern brachte den Gründer*innen und uns eine gute Übersicht und Durchblick.“

Ein Aha-Effekt für uns. Und wir fühlten uns wieder bestätigt: Die Partnerlabore sind eine wertvolle Ressource füreinander und können wichtiges voneinander lernen.

Evaluate, baby!

Wo wir auch schon beim Thema Evaluation wären. Auch unsere Evaluator*innen vom Heldenrat waren mit von der Partie. Zusammen diskutierten wir die Wirkungshypothesen Kulturhanse. Auch wenn die Unterschiede zwischen den Gründungslaboren fundamental sind, gab es doch überraschende Gemeinsamkeiten. Welche das sind, könnt ihr hier  im Interview mit Linda und Tom vom Heldenrat lesen.

Seemannsgarn

Zum Schluss waren alle geschafft, aber auch glücklich, sich gesehen und gehört zu haben. Deswegen verabredeten wir uns zum Küstenplausch, einem monatlichen, digitalen Kaffeetrinken, bei dem wir über aktuelle Herausforderungen oder einfach nur über den letzten Seemannsgarn sprechen. Außerdem haben wir weitere Ideen gesponnen, wollen gemeinsame Webinare testen und womöglich untereinander Gründungsberatungen anbieten.

Bis dahin eine gute Fahrt, Ahoi!