Die ersten drei Monate Partnerlabor…in Görlitz

Das erste Quartal Gründungslabor ist geschafft. Unsere Partnerlabore berichten darüber, wie sie in See stachen, welche Meere und Ozeane sie erforscht und erste Abenteuer bestanden haben. Die dritte im Bunde ist das ahoj in Görlitz. Hier sprachen wir mit Ania, Lorenz & Maria.

1. Was ist bei euch in den ersten drei Monaten Gründungslabor passiert? Was veränderte sich in Sachen…

… Raum?

Lorenz: Wir sind fertig und haben die letzten Sachen vom Aufbau weggeräumt. Die Möbel, die wir im ahoj haben, sind entweder von uns selbst gebaut (auch im Rahmen von Werktagen 2019), von unterschiedlichen Freund*innen gespendet oder auf der Straße gefunden. Ein gemütlicher Misch-Masch, der beweist, dass die Görlitzer Straßen viel zu bieten haben.:)

Ania hat einen Kalender aufgehangen, in dem wir gemeinsame Termine eintragen – eine gute Gelegenheit für alle auch vor Ort vorbeizuschauen und up to date zu sein. Nun testen wir, wie der Raum sich für verschiedene Dinge eignet. Man geht ja erst einmal davon aus, das alles richtig bedacht ist, aber schließlich zeigt die Nutzung dann auch, was funktioniert und was nicht. Der Meetingraum ist total wichtig – der einzige Raum, in den man sich richtig einschließen und in Ruhe besprechen kann. Der große Ladenbereich unten, hinter den großen Schaufensterscheiben, ist super für Workshops, unser Plenum und Veranstaltungen – wie den out of office day, unsere Eröffnung oder die Angebote von Stipendiat*innen. Wir kriegen viel Lob dafür, wie schön wir es wieder hergerichtet haben. Das liegt nicht zuletzt auch an unserer Ausstellung (mit kurzer Darstellung aller Stipendiat*innen und deren Ideen), vielen Projektfotos an die Wänden und den Pflanzen, die täglich begutachtet und ggf. gegossen werden…

… Gründungslabor?

Ania: Vor allem: Wir sind im Dezember mit allen Stipendiat*innen ins ahoj eingezogen. Wir treffen uns hier und sehen uns mehr oder weniger täglich! Wir stehen gerade kurz vor dem Bergfest der ersten Stipendiumsrunde. An diesem Freitag, den 03.04.20, findet die Zwischenpräsentation statt. Wir sind schon gespannt, was die Stipendiat*innen vorbereiten -vor allem auch, weil wir nur digital miteinander reden können.

Um die Begleitung der Gründungen kümmern sich Maria und Lorenz. Sie vereinbaren regelmäßig gemeinsame Termine mit den Stipendiat*innen. In den ersten Monaten, von November bis Anfang Januar, ging es länger als geplant darum, die Projekte und Menschen kennenzulernen. Letztendlich ist es uns dadurch gelungen, besser zu verstehen, worum es insgesamt gehen wird und was die nächsten Schritte dahin sein könnten. So haben wir mit den Stipendiat*innen Jahreskalender und Aktionspläne angefertigt und damit gleichzeitig deren Bedarfe und Erwartungen an uns klären können. Es ist spannend, das erste Mal eine intensive “Auftragsklärung” vorzunehmen – und zwar mit den Stipendiat*innen zusammen.

Teil des Stipendiums, neben der Begleitung, sind auch die Qualifizierungsangebote. Einige Angebote haben schon stattgefunden: ein Workshop zum Geschäftsmodell mit Martin (von der Kulturhanse) und ein Crowdfunding-Workshop mit Lisa (von Quartiermeister).

Sehr wichtig war und ist für uns auch ein Gemeinschaftsgefühl. Letztendlich wollen wir, dass alle gern Zeit im ahoj verbringen und es immer wieder zu Gesprächen und Austausch kommt. Geteilte Kompetenzen, Wissensaustausch, geballte Kräfte – ihr versteht schon, was ich meine :). Was fand bei uns in den letzten Monaten statt? Beispielsweise zwei gemeinsame Plena, ein interner Workshop zum “Systemischen Konsensieren” von Stipendiatin Sophie vom Feministisches*forum oder ein gemeinsames Abendessen mit Austausch zu aktuellen Fördermöglichkeiten.

… und Organisation?

Lorenz: Hier ging es auf und ab. Durch die Verzögerung der Ladenrenovierung und das Bangen um eine gute Übergabe mit dem Eigentümer waren erst einmal die Kräfte und Nerven Ende des Jahres 2019 nahezu aufgebraucht. Zeitgleich starteten wir in den ersten Testlauf des Stipendiums…

Ania: Das Vorhaben ahoj ist auch für uns ein Experimentfeld. Obwohl wir als Team alles drei Mal durchdacht haben und eigene Erfahrungen einsetzen, lernen wir immer neue Sachen dazu und müssen Pläne anpassen. Deswegen war uns von Anfang an sehr wichtig, unsere Arbeitsschritte zu reflektieren und uns intern auszutauschen. Die größte Herausforderung war einerseits die Zukunftspläne und Entwicklungspläne weiter zu “schmieden” (quasi Nachhaltigkeit des Projektes nach der Förderzeit sichern) und gleichzeitig den Alltag zu gestalten (Renovierung des Ladens, Begleitungen, Werkstätten und Qualifizierungsmaßnahmen, lockere Runden, zusätzliche Angebote, usw.).

2. Was habt ihr euch für das erste Jahr vorgenommen? Was sind eure Entwicklungsziele auf Ebene…

… der Organisation?

Ania: Das Gründungslabor ist nur für sie ersten zwei Jahre finanziert. Deswegen ist die Sicherung der Fortsetzung des Projektes ahoj eine wichtige Aufgabe. Auch eine Festigung der Organisationsstrukturen und Gewinnung von neuen Partner*innen und Mitstreiter*innen.

…  des Gründungslabors?

Ania: Ein erfolgreicher erster Stipendium-Durchlauf und Aufbau einer Gemeinschaft der Gründer*innen. Auch Bekanntmachung des Vorhabens und Sicherung von neuen Bewerbungen für den zweiten Durchlauf. Und noch dazu: Wir möchten den ahoj Laden auf den Görlitzer Stadtplänen als Anlaufstelle für gemeinwohlorientierte Gründungen und als Ort des Wissensaustausches und der Gemeinschaft etablieren.

… eures Umfeldes?

Ania: Leute haben durch uns hoffentlich mehr Mut in Görlitz zu bleiben und hier eigene berufliche Perspektiven zu skizzieren. Mehr Mut für selbstständige, freiberufliche, gemeinwohlorientierte Arbeit in Görlitz und in der Region!

3. Was waren erste Erfolge?

Ania: Für mich war die Gewinnung von unseren Jurorinnen – drei sehr erfahrene und engagierte Frauen, die uns Mut gemacht haben, weiter zu machen und sogar größer zu denken – ein großer Gewinn. Eine Energiequelle waren für mich auch alle Bewerber*innen mit ihren wundervollen, gemeinwohlorientierten Ideen. In diesem Moment konnte man die Gemeinschaftsenergie spüren, die für das Projekt so wichtig ist.

Die Einrichtung und Abschließung der Renovierung würde ich auch als unseren großen Erfolg bezeichnen. Nach einem halbem Jahr der Arbeit ohne richtigen Schreibtisch – wir arbeiteten im Nachbarschaftsladen am Küchentisch – haben wir endlich unseren Hafen gefunden.

4. Was waren Herausforderungen?

Ania: Dass nicht alle Gründungen gleichviel Zeit finden bzw. sich nehmen (können), um im Laden zu sein oder an ihren Vorhaben zu arbeiten. Grund sind vor allem die Parallelbaustellen der Stipendiat*innen: Bauverzögerungen in Hausprojekten, Studium und Abschlussarbeiten, die laufendenden Aufträge und Tätigkeiten in den eigenen Projekten oder schlicht der Fakt, dass Einige vor allem beruflich viel reisen.

Trotzdem kommen alle gern, fühlen sich dem Ort und der Gemeinschaft verbunden und ihrer Gründungsidee verpflichtet.

5. Wie sieht eure Begleitung im Gründungslabor aus? Was ist bisher passiert?

Maria: Wir treffen uns regelmäßig in individuellen Einzelgesprächen und manchmal auch großen Runden. Seit November vergangenen Jahres können die Stipendiat*innen die schönen Räume des ahoj nutzen. Manche nutzen ihn mehr, manche weniger. Aber es ist immer was los und das mit dem Gemeinschaftsgefühl klappt gut 😉

Nachdem Martin von der Kulturhanse einen Inputworkshop zum Thema Geschäftsmodelle gegeben hat, arbeiten wir mit den Teams individuell an ihren Business Modell Canvas. Ab April möchten wir in Zusammenarbeit mit der Gründerakademie der Hochschule Zittau/Görlitz weitere Qualifizierungsmaßnahmen anbieten – die werden nun aufgrund der aktuellen Lage online stattfinden.

6. Wie hat sich euer Leben seither verändert?

Ania: Ich habe Lust selbst eine Gründerin zu sein :)! Ich habe seit ein paar Jahren eine eigene Geschäftsidee und vielleicht bin ich irgendwann bereit, diese zu realisieren.:)

Ansonsten: ahoj ist auch für uns ein Experimentierfeld. Wir sind in neuen Themenfeldern und Bereichen unterwegs, lernen immer wieder Leute kennen, die eigene, spannende Geschichten erzählen. ahoj ist gerade für mich eine abenteuerliche Reise, wo das Ziel zwar feststeht, aber der Weg noch nicht bekannt ist.

Und mit ahoj haben wir eine große Verantwortung –  gegenüber Partner*innen – die an das Projekt geglaubt haben – und unserem Team und natürlich gegenüber den Stipendiat*:innen.

 

Vielen Dank für die Bilder, Paul Glaser!

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