Zukunftshafen, Salzwedel

Zukunftshafen im Bürgermeisterhof und in der Kultur-Nische

Salzwedel

Die Organisationen

Der Bürgermeisterhof ist nicht nur eines der ältesten Baudenkmäler Salzwedels (1543), sondern durch seine zentrale Lage an der Burgstraße auch ein natürlicher Treffpunkt für Einwohner und Besucher der Stadt. Über die Jahre verfiel das Fachwerkensemble zusehends und stand, wie viele Gebäude in der Fußgängerzone, komplett leer, als eine Handvoll engagierter Salzwedeler*innen es Ende 2020 mit Privatmitteln kaufte, um diesen für die Stadt identitätsstiftenden Ort nicht zum Spekulationsobjekt verkommen zu lassen. Die Gruppe der Bürgermeister*innen in spe bestand aus etwa zehn Salzwedeler*innen, die sich überwiegend durch ihr Engagement in der Kultur-Nische kannten – einem ganz ähnlichen mit Kultur, Handwerk und Kunst gefüllten Häuserkarree, das man erreicht, wenn man der Burg- und Neutorstraße rund 300 Meter in Richtung Süden folgt. Die Kultur-Nische, ein ehemaliger Konsum in der Salzwedeler Altstadt, ist bereits seit 13 Jahren in Händen des gleichnamigen Vereins. Viele Bauarbeiten und Findungsprozesse, die in ähnlicher Form im Bürgermeisterhof gerade stattfinden, sind hier bereits fortgeschritten oder abgeschlossen.

In beiden Vereinen engagieren sich mittlerweile rund 50-60 Menschen, darunter immer wieder auch Geflüchtete, die hier Anschluss suchen und fündig werden. Salzwedeler Urgesteine treffen hier auf geläuterte Großstädter; Neu-Salzwedeler*innen aus internationalen Kriegsgebieten finden bei Baueinsätzen nicht nur Ablenkung, eine sinnvolle Beschäftigung und einen Wirkungsort, sondern auch Freunde und Gemeinschaft; altmärkischer Pragmatismus vermischt sich mit dem kreativen Geist der Berliner, Hamburger und Leipziger Szeneviertel, die vielen jungen Zugezogenen gerade während der Corona-Pandemie zu eng wurden. Vom Teenager über die junge Familie bis hin zur Rentnerin versammeln sich im Bürgermeisterhof und in der Kultur-Nische vor allem Leute, die in Salzwedel etwas bewegen wollen.

Die ursprüngliche Motivation der Vereinsmitglieder der ersten Stunde war es, den Bürgermeisterhof und die Kultur-Nische, zwei für die Stadt und ihre Bewohner zentrale und wichtige Orte, einem auf Profit ausgelegten Immobilienmarkt zu entziehen und sie den Salzwedeler*innen zurückzugeben, indem die Vereine die denkmalgeschützten Gebäudekomplexe vor dem sicheren Verfall retten, sanieren, restaurieren und mit kulturellen, künstlerischen, sozialen oder dem Handwerk verschriebenen Initiativen und Projekten wiederbeleben. Außerdem verstehen die Vereinsmitglieder des Bürgermeisterhofs den zentralen Hof als einen Ort, um der Stadtentwicklung in der von Leerstand geprägten Fußgängerzone positive Impulse gegenüberzustellen und kleine, privat geführte Geschäfte in der Nachbarschaft und andere gemeinwohlorientierte Initiativen und Vereine der Stadt in ihre Aktivitäten mit einzubeziehen. Eine Stadt ist wie ein Gehirn – je besser sie vernetzt ist, desto schlauer wird sie.

Die Räume

Die hohe private Spendenbereitschaft (knapp 60.000€ in den ersten acht Monaten) verdeutlicht den Rückhalt, den das Vorhaben der ökologischen und nachhaltigen Sanierung, Restaurierung und Belebung des historischen Bürgermeisterhofs in der Salzwedeler Bevölkerung genießt. Ähnliche Spendenkampagnen hat es in der Vergangenheit für die Kultur-Nische gegeben. Die Vereine haben in beiden Häusern bereits mehrere Räume wieder hergerichtet, die als Treffpunkt und Veranstaltungsort dienen.

Durch das rege Vereinsleben hat sich eine Menge getan in den altehrwürdigen Fachwerkgemäuern. Dächer wurden neu gedeckt, Beete angepflanzt, die Hansenbande – ein Gemeinschaftsladen für regionales Kunsthandwerk – zog in die Ladenfläche des Bürgermeisterhofs ein und im Hof finden wieder Lesungen, Theateraufführungen, Feste und Konzerte statt. Das touristische Angebot der Stadt wurde durch die Einrichtung der bürgermeisterlichen Kuriositäten- und Wunderkammer, einem kleinen Museum, erweitert. In die Kultur-Nische sind eine Tauschbibliothek, eine Töpferei, eine Brauerei, eine einfache Herberge und mehrere Künstlerateliers eingezogen. In beiden Vereinen und Häusern wurden Freundschaften geschlossen, Bäume gepflanzt, ein Kind wurde gezeugt. Die Stadt ist schlauer, besser vernetzt, schöner, klimafreundlicher und bunter geworden. Und sie gehört immer noch den Salzwedeler*innen.

Seit Jahrhunderten sind die Salzwedeler*innen stolz auf ihre schöne Architektur und haben Zeit und Arbeit in ihren Erhalt investiert. Als Hansestadt ist Salzwedel auch seit jeher ein Ort, der offen ist für Ideen, Menschen und Initiativen von außerhalb und diese, in spezieller altmärkischer Herzlichkeit, in das Stadtleben integriert.

Die Vision vom Gründungslabor

Das Kulturhanse-Programm ermöglicht den beiden Vereinen einen regen und engen Austausch mit ähnlichen Initiativen in ganz Ostdeutschland, von und mit denen Bürgermeister*innen und Kulturnischler*innen viel lernen können. Des Weiteren sind Bürgermeisterhof und Kultur-Nische im Netzwerk der Kreativorte im Grünen, das beispielhafte Orte kreativen Schaffens innerhalb Sachsen-Anhalts zusammenbringt. Im Rahmen der Kulturhanse möchten die beiden Vereine in ihren Räumlichkeiten einen Zukunftshafen aufbauen: ein Ort, an dem kulturelle, künstlerische, soziale, der Bildung und dem Handwerk förderliche Initiativen, Projekte und Unternehmungen andocken können, die von traditioneller Wirtschaftsförderung unbeachtet bleiben. Zudem sollen zwei jahrhundertealte Gebäudeensembles weitere Jahrhunderte stehen, möglichst ohne Salzwedel und die Altmark ihrer Ressourcen zu berauben, sondern, indem sie neue Ressourcen für Stadt und Region schaffen.

Kontakt

Bürgermeisterhof Salzwedel

Burgstraße 18, 29410 Salzwedel, info@buergermeisterhof.de

https://linktr.ee/buergermeisterhof

Kultur-Nische Salzwedel

Radestraße 1, 29410 Salzwedel, kultur-nische@gmx.de

https://linktr.ee/kulturnische