Gründerinnen aufm Kieker #3: Das mobile Spielecafe

Im dritten Teil unserer Serie beleuchten wir Kulturhanse-Gründerinnen samt ihren Ideen! Dieses Mal treffen wir im Ahoi Altenburg auf die spielesüchtige Familie Orymek, die mit der gründungserfahrenen Journalistin und Barista Maike das erste mobile Spielecafé eröffnete.

Deutschlands erstes mobile Spielecafé

Ein mobiles Spielecafé – was ist das? Eine deutschlandweit einzigartige Kombination! Mit ihrem Anhänger voller Spiele und eingebauter Küche zum Kaffee kochen sowie Waffeln backen wollen sie quer durch Stadt und Land reisen, um für einen Nachmittag den Dorfanger oder Marktplatz mit neuem Leben zu erfüllen. Maike Steuer, ehemalige Gründerin eines Cafés in Leipzig, schätzt die Möglichkeit an ungewöhnlichen Orten zu spielen und damit auch verwaiste Treffpunkte in den „Wohndörfern“ im Altenburger Land wieder mit Leben zu erfüllen. Denn über die Jahre haben „so ziemlich alle ihre Konsums, Bäcker und Postfilialen als natürliche Klatsch- und Tratschpunkte verloren“.

Mit offenen Karten

Zusammen mit dem Orymek-Dreamteam, dem spielebegeisterten Mutter-Tochter-Gespann, das seit 12 Jahre die Altenburger Spieletage organisieren, gründete sie kurzerhand das Mobile Spielecafe. Fünf Jahre Kaffee- und 12 Jahre Spielerfahrungen – was soll da schon schief gehen?

Für alle drei ist es kein Sprung ins kalte Wasser: Sowohl Sarah-Ann als auch Gabriele haben einen festen Job. „Wir beide sind abgesichert. Deswegen können wir beruhigt soviel Zeit reinstecken, wie es nebenbei geht. Es ist ein ruhigeres Tempo. Sollte allerdings die Gründung mehr Fahrt aufnehmen, sind wir für alles offen“, sagt Sarah-Ann. Ein bisschen anders gestaltet sich die Situation für Maike: Seitdem sie das erste Mal gründete, wusste sie, dass sie ist Gründerin mit Leib und Seele ist. Aus ihrer Zeit mit eigenem Café fand sie heraus, dass sie lieber im Team arbeitet, keinen festen Ort mehr braucht und überdachte deshalb ihre Gründungsidee und -strategie. Heute hat sie mehrere Standbeine und ist neben dem Spielecafé auch als freischaffende Journalistin unterwegs.

Wie überwintert das Mobile Spielecafé?

Erste Taufproben sind bestanden und eigentlich könnte jetzt das Mobile Spielecafé durchstarten – wenn nicht die kalte Jahreszeit vor der Tür und wir inmitten einer Pandemie wären. Aber auch dafür haben die drei Gründerinnen schon Ideen. In Pop-Up-Stores, wie einem leerstehenden Laden im Einkaufszentrum, dass sie in einen Winter-Weihnachts-Spielzeugladen umfunktionieren, wollen sie rasten. Geplant sind aber auch Aufenthalte z.B. beim hiesigen Eisladen, der eh im Winter geschlossen ist, um Arbeitsroutinen zu etablieren, Produkte zu testen und Akquise zu betreiben.

Auch Corona kann ihnen kein Strich durch die Rechnung machen. Gabriele hat bereits Spielmechanismen, die nicht coronakonform sind, umgearbeitet. So bieten sie Spiele an, die laminiert sind, in sich reinigbar oder stellen für jeden eigenes Spielmaterial her. Alle Spiele kommen nach Gebrauch in Quarantäne. „Mit unserem ausgereiften Hygienekonzept waren wir die Letzten, die spielen dürften. Wir wollen auch wieder die ersten sein!“, meint Gabriele.

Update 2023

Gründen als Lebenseinstellung

Ein bisschen anders gestaltete sich die Situation in der Zwischenzeit für Maike: Seitdem sie das erste Mal gründete, wusste sie, dass sie Gründerin mit Leib und Seele ist. Heute hat sie mehrere Standbeine. Neben dem SpieleCafe und ihrem Brotjob als freischaffende Journalistin gründete sie in der Zwischenzeit den Kreativkonsum Kriebitzsch. Maike merkte bald, dass beides, also Kreativkonsum und SpieleCafe, nicht vereinbar war. Mit ihrem Entschluss, sich zu hundert Prozent dem Umbau und der Inbetriebnahme des Konsums zu widmen, schied sie aus dem SpieleCafe aus. Was blieb war das Mutter-Tochter-Duo. „Das ist natürlich eine besondere Herausforderung, Tochter und Geschäftspartnerin zu sein. Aber mittlerweile ist unsere ganze Familie daran gewachsen. Meine kleinere Schwester macht nun die Buchhaltung und alle in der Familie stehen hinter dem SpieleCafe. Aber es ist natürlich nicht leicht, Privates und Geschäftliches zu trennen.“, sagte Sarah-Ann mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

 

Arbeit am Geschäftsmodell

Mit Maikes Rückzug veränderte sich außerdem auch die Geschäftsidee. „Wir haben nochmal über den Kosten-Nutzen-Faktor des Cafés nachgedacht. Das Einkaufen, das Putzen, sprich die intensive Vor- und Nachbereitungszeit wollten wir nicht auf die Getränkepreise aufschlagen, weil wir möchten, dass sich jede Familie einen Kakao fürs Kind leisten kann“, meint Sarah-Ann. Gleichzeitig habe sich der Café-Betrieb nur auf größeren Veranstaltungen oder bei Projekten ausgezahlt, wo die Kosten im Vorhinein gedeckt waren. Dazu kam die deutlich kompliziertere behördliche Anmeldesituation mit dem Anhänger. So beschlossen beide, sich vor allem auf den Kern, das Spielen, zu konzentrieren.

Hinzu kamen eigens konzipierte Spiele zur Bildungsarbeit und für partizipative Dorfinven- turen. Mit dem Projekt Dorfnah zogen sie durch eine Thüringer Gemeinde, haben spielerisch verschiedene Dorfinventuren durchgeführt. Anders als zuvor sahen sich die Orymeks eher als „Funke, der das Feuer entzündet“, so Sarah-Ann. Sie stießen einen lokalen Entwicklungsprozess an und aktivierten die Bürger*innen und Bürgermeister*innen, ihn selbst in die Hand zu nehmen. „Oft passiert es beim Spielen, dass die Menschen merken, dass sich ihre Veränderungswünsche mit kleinen und sehr kostengünstigen Maßnahmen unkompliziert umsetzen lassen“, meinte Sarah-Ann.

Das Ass im Ärmel: Ahoi Altenburg

Das Mobile SpieleCafe hatte sowohl Unterstützung in der Vorgründungs- als auch in der Verstetigungsphase vom Ahoi Altenburg » Die drei Leuchttürme, S. 96ff. erhalten: „Wir sind quasi Dauergast im Ahoi. Am An- fang war es ganz gut, ein breiteres Verständnis, was alles zu einer Gründung gehört, zu bekommen. Dann wurde es theoretischer, wir stiegen tiefer in die Themen ein: Buchhaltung machen, Preispolitik. Aber da haben wir dann auch einen konkreten Nutzen, weil das die Themen sind, bei denen wir wirklich Unterstützung brauchen und die wir direkt anwenden können“, sagte Sarah-Ann dankbar.

–> Danke für das Titelbild an Maike Steuer!

Ihr habt auch tolle Gründer*innen, die vorgestellt werden sollten? Dann meldet euch bei uns: ahoi@kulturhanse.org!